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Das Notwegerecht

Weg

Das Notwegeverfahren in Österreich: Eine rechtliche Lösung für erschwerten Zugang zu Grundstücken

Das Notwegeverfahren ist ein bedeutendes rechtliches Instrument in Österreich, das Grundstückseigentümern hilft, einen Zugang zu ihrem Grundstück zu erlangen. Das kann dann notwendig sein, wenn gar kein Zugang vorliegt oder der vorliegende Zugang nicht ausreichend ist.

Dieses Verfahren ist somit besonders relevant, wenn ein Grundstück von öffentlichen Wegen abgeschnitten ist und es keine alternative Möglichkeit gibt, dieses zu erreichen. In diesem Artikel erklären wir das Notwegeverfahren in Österreich, die rechtlichen Grundlagen, wie es funktioniert und wann es sinnvoll ist, dieses Verfahren anzuwenden.

Was ist das Notwegeverfahren?

Das Notwegeverfahren nach österreichischem Recht regelt den Zugang zu Grundstücken, die keine direkte Anbindung an das öffentliche Straßennetz haben. Eigentümer solcher Grundstücke haben in Österreich das Recht, einen sogenannten Notweg über benachbarte Grundstücke zu beantragen, um eine Erschließung sicherzustellen. Dies ist besonders wichtig für Baugrundstücke, Grundstücke in Hanglagen oder in abgelegenen Gebieten. 

Über das Notwegverfahren wird eine Dienstbarkeit des Wegerechtes eingeräumt. Je nach Bedarf handelt es sich dabei um ein Gehrecht, ein Fahrrecht, oder ein Geh- und Fahrrecht.

Die gesetzliche Grundlage für das Notwegeverfahren bildet das Notwegegesetz.

Voraussetzungen für das Notwegeverfahren

Um das Notwegeverfahren in Österreich in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Kein zumutbarer Zugang: Es muss nachgewiesen werden, dass das betreffende Grundstück keinen zumutbaren Zugang zu öffentlichen Straßen hat.
  • Notwendigkeit des Weges: Der Weg muss tatsächlich notwendig sein, um das Grundstück zu erreichen, sei es für den Bau von Gebäuden, die landwirtschaftliche Nutzung oder andere Zwecke.
  • Kein Eigenverschulden: Der Eigentümer des Grundstücks darf nicht selbst die Ursache für den fehlenden Zugang geschaffen haben. Er darf also nicht auffallend Sorglos, also grob Fahrlässig, gehandelt haben. Ein Beispiel wäre der absichtliche Verkauf des einzigen Zugangsweges ohne eine Alternative zu schaffen. Eine besondere Prüfung ist notwendig, wenn den Rechtsvorgänger z.b. den Verkäufer oder Geschenkgeber ein Verschulden getroffen hat und der Geschenknehmer oder zb. Der Erbe nichts davon wusste. Auch hier kann es zu einem Notwegerecht kommen.
  • Keine Vereinbarung: Es darf aber auch keine – wenn auch nur mündliche – Vereinbarung oder ähnliches vorliegen, die eine Zufahrt ermöglichen würde. Besteht beispielsweise zwar eine Vereinbarung und ist diese nur nicht verschriftlicht oder nicht (nicht mehr) im Grundbuch eingetragen oder nur mündlich abgeschlossen, so muss zuerst diesem Anspruch nachgegangen und allenfalls geklagt werden.
  • Interessensabwägung: Die Vorteile des Notweges müssen größer sein, als der Nachteile der durch den Notweg entsteht.

Ablauf des Notwegeverfahrens

Das Notwegeverfahren in Österreich beginnt in der Regel mit einem außergerichtlichen Einigungsversuch zwischen den betroffenen Parteien. Oftmals können Nachbarn durch Verhandlungen zu einer Übereinkunft gelangen, wobei Entschädigungszahlungen für die Belastung des Grundstücks eine Rolle spielen können.

Wenn keine Einigung erzielt werden kann, erfolgt der nächste Schritt durch einen Antrag an das zuständige Bezirksgericht. In einem gerichtlichen Verfahren wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Einräumung einer Notwegedienstbarkeit erfüllt sind.

Der Richter entscheidet dabei:

  • Wo der Notweg verlaufen soll, und welches Wegerecht eingeräumt wird um möglichst geringe Beeinträchtigungen für das Nachbargrundstück zu verursachen.
  • Höhe der Entschädigung, die der Eigentümer des betroffenen Nachbargrundstücks erhalten soll. Diese richtet sich nach der Dauer der Nutzung und dem Ausmaß der Belastung.

Entschädigung für den Notweg

Das österreichische Recht sieht vor, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks für den Notweg entschädigt wird. Die Höhe der Entschädigung wird individuell festgelegt und hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Dauer der Nutzung des Notwegs: Handelt es sich um eine dauerhafte oder nur vorübergehende Nutzung?
  • Grad der Beeinträchtigung: Wie stark wird das betroffene Grundstück durch den Notweg belastet (z.B. Neuerrichtung einer Straße oder nur Beschädigungen durch den erhöhten Verkehr)?
  • Lage des Notwegs: Wie groß ist die Beeinträchtigung der Nutzung des Grundstücks durch den neuen Weg?

In der Praxis wird häufig ein pauschaler Geldbetrag als Entschädigung vereinbart. Dieser soll den durch den Notweg verursachten Wertverlust des Nachbargrundstücks ausgleichen.

Rechtliche Besonderheiten und Herausforderungen

Das Notwegeverfahren in Österreich ist rechtlich streng geregelt, bietet aber auch Raum für Interpretationen und individuelle Vereinbarungen. In der Praxis können dabei mehrere Herausforderungen auftreten:

  • Widerstand des Nachbarn: Oftmals wehren sich Grundstückseigentümer gegen die Einrichtung eines Notwegs, da sie eine Wertminderung ihres Grundstücks befürchten.
  • Lange Verfahrensdauer: Wenn keine Einigung erzielt wird, kann ein gerichtliches Notwegeverfahren mehrere Monate bis Jahre dauern.
  • Alternative Lösungen: Gerichte bevorzugen oft Lösungen, die einen minimalen Eingriff in fremde Eigentumsrechte darstellen. Ein Notweg sollte daher immer die letzte Lösung sein, wenn alle anderen Alternativen ausgeschöpft sind.

Fazit: Wann ist das Notwegeverfahren sinnvoll?

Das Notwegeverfahren in Österreich ist ein entscheidendes Rechtsinstrument für Grundstückseigentümer, die keinen direkten Zugang zu öffentlichen Straßen haben. Es stellt sicher, dass sie ihr Grundstück nutzen können, auch wenn der Weg über das Grundstück eines Nachbarn führt.

Bevor jedoch ein Notwegeverfahren angestrebt wird, sollten Eigentümer alle anderen Optionen, wie Verhandlungen mit dem Nachbarn, prüfen. Oftmals lassen sich auf diese Weise langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren vermeiden. Wenn jedoch keine Einigung möglich ist, bietet das Notwegeverfahren eine klare rechtliche Grundlage, um den Zugang zum Grundstück sicherzustellen.

 

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